Schnellladesysteme für Zuhause als Geschäftsmodell für Stadtwerke

Aktuell ist die Stimmung für die Elektromobilität in Deutschland schlecht. Viele Stadtwerke haben in den letzten Jahren in öffentliche Ladeinfrastruktur investiert, Ladesäulen aufgestellt und Parkplätze umgewidmet, aber kaum jemand lädt.

Zudem beklagt die Presse lautstark, dass die neue Kaufprämie für Elektrofahrzeuge nicht zu einem nennenswerten Anstieg der Fahrzeugnachfrage geführt hat. Trotz Kaufprämie gingen in den ersten vier Wochen nach dem Förderbeginn nur 1.791 Förderanträge ein, gar nur knapp 1.200 davon waren für reine Elektrofahrzeuge. Für manche Journalisten ist die Elektromobilität damit schon endgültig zum Rohrkrepierer geworden. Ein Abgesang jagt den anderen, sobald wieder neue, nicht dramatisch bessere Antrags- oder Zulassungszahlen veröffentlicht werden.

Die sehr kurzfristige Erwartungshaltung der Journalisten und deren anhaltende Kritik sind jedoch bei Weitem nicht gerechtfertigt. Ausnahmsweise muss man dem Cheflobbyisten der Autoindustrie, Matthias Wiesmann, Recht geben, der darauf hinwies, dass sich die Gesamtlage ab dem Jahr 2017 deutlich verbessern wird, da neue Fahrzeuge mit mehr Reichweite zu günstigeren Preisen zur Verfügung stehen werden. Fakt ist, dass die Elektromobilität Zeit braucht, da sich das verbesserte Angebot und die darauf abzielende Nachfrage erst noch finden müssen.

Wie schon in einem anderen Beitrag beschrieben, gehen wir davon aus, dass die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen schon im nächsten Jahr deutlich steigen wird. Neben den Pkw dürften auch vermehrt leichte Nutzfahrzeuge sowie Elektro-Zweiräder im Fokus stehen. Aktuelle E-Roller-Sharing-Projekte, wie z.B. das Modell Coup von Bosch in Berlin zeigen, dass auch hier Potenziale entstehen, alternative Mobilitätslösungen salonfähig zu machen.

Nachfrageschub lässt neue Geschäftsmodelle entstehen

Viele Geschäftsideen im Bereich der Elektromobilität, denen heute aufgrund der geringen Nachfrage die Profitabilität fehlt, werden sich in den nächsten zwei Jahren zu nachhaltig interessanten Betätigungsfeldern, auch für Energieversorger, entwickeln.

Ein Beispiel hierfür stellt die Bereitstellung einer geeigneten Ladeinfrastruktur dar.

Anspruch an Heimlademöglichkeiten wird steigen

Elektroautos werden auch in Zukunft bevorzugt Zuhause aufgeladen. Dies ist aus heutiger Sicht die bequemste und einfachste Variante, da man nicht irgendwo warten muss. Aufgrund der steigenden Batteriekapazitäten wird die Ladeleistung der heimischen Steckdose aber schon bald in vielen Fällen nicht mehr dazu ausreichen, das Fahrzeug über Nacht vollständig aufzuladen. Ein 90 kWh-Akku von Tesla benötigt schon heute bei 3,3 kW Ladeleistung etwa 28 Stunden bis zur vollständigen Aufladung. Solche Akkus gehören zwar heute noch nicht zum Standard, es ist jedoch mit einer kontinuierlichen Aufrüstung der Fahrzeuge zu rechnen, so dass in Zukunft Akkukapazitäten von 50, 70, 100 kWh oder sogar darüber hinaus zum Standard werden. Da wird es dann selbst mit einem Starkstromanschluss und etwa doppelter Ladeleistung schwierig, den Akku über Nacht komplett aufzuladen.

Um dies trotzdem zu gewährleisten, werden Haushalte in Zukunft verstärkt Schnelllademöglichkeiten nachfragen. Dabei werden vermutlich Lösungen gefragt sein, die die vollständige Aufladung in acht bis zehn Stunden ermöglichen. Dies erfordert bei 100 kWh ca. zehn bis zwölf kW Ladeleistung.

Für solche Ladeleistungen sind spezielle Ladegeräte notwendig. Gegebenenfalls wäre es zudem sinnvoll, das Grundstück mit einem zusätzlichen Stromanschluss auszustatten, um unabhängig vom Haushaltsenergieverbrauch laden zu können.

Die Bereitstellung dieser Infrastruktur gehört zu den originären Aufgaben von Stadtwerken bzw. Verteilnetzbetreibern. Das Geschäftsmodell ergibt sich auf Privatgrund eigentlich fast von alleine. Wo Bedarf besteht, wird auch die Zahlungsbereitschaft häufig vorhanden sein. Sowohl Privatkunden als auch Firmen dürften in Zukunft eine immer interessanter werdende Zielgruppe für private Schnellladelösungen werden.

Aus dem Ladebedarf und der Notwendigkeit, das Gesamtsystem aus Erzeugung, Netz und Entnahme zu optimieren, entstehen Möglichkeiten, den Kunden über den reinen Stromanschluss mit Strom – und Kapazitätsbereitstellung hinaus auch Lösungen zur dezentralen Erzeugung, Speicherung mit Vermarktung, intelligenter Steuerung usw. anzubieten. Weitere, logische Schritte ergeben sich dann in der Optimierung der Systeme auf Straßen- oder Quartiersebene durch die intelligente Vernetzung aller Erzeuger und Verbraucher.

Hält man sich als Stadtwerk aus diesem Geschäft heraus, bleiben zwar ein paar netzseitige Aufgaben übrig, die interessanten und profitablen Geschäftsmodelle werden dann aber bspw. von Autoherstellern, spezialisierten Dienstleistern oder gar den großen Internet- und IT-Konzernen besetzt.

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