Lidl-Strom powered by E.ON
Fast im Wochenrhythmus produzieren die großen Supermarktketten in Deutschland derzeit Neuigkeiten zu den Themen Energieeffizienz, dezentrale Erzeugung oder Elektromobilität. Im Zuge der Imagepolitur einiger Discounter, die sich durch verschönerte Filialen oder TV-Werbespots bemerkbar macht, scheint auch das Thema „grüne Energie“ eine zunehmend wichtigere Rolle zu spielen. Nicht zuletzt, um als nachhaltiges Unternehmen gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein zu suggerieren.
ALDI SÜD vermeldete Ende Mai, dass die EnBW und der Speicherhersteller ADS-TEC PV-Anlagen auf ALDI-Filialen mit Speichern ausstatten und zu einem virtuellen Kraftwerk vernetzen werden. Im März stellte Viessmann ein Pilotprojekt in ALDI-Filialen vor, das die Kombination aus PV-Anlagen, Wärmepumpen und Eisspeichern vorsieht. Wenige Woche zuvor gab die EWE bekannt, noch in diesem Jahr an 60 EDEKA-Standorten Ladesäulen für E-Autos zu installieren.
Mit dem Ende 2016 gestartete Ökostrom-Angebot von ALDI SÜD integrierte der Discounter den Vertrieb regenerativer Energie mithilfe eines großen Grundversorgers in das eigene Geschäftsmodell und nutzt dafür seinen Markennamen. Nun hat Lidl nachgezogen und reaktiviert eine auf das Jahr 2007 zurückreichende Kooperation mit E.ON bzw. mit der Vertriebstochter E WIE EINFACH.
Bundesweiter Online-Vertrieb von Lidl-Strom
Das neue, ab dem 3. Juli verfügbare Produkt, wird dagegen unter der Marke Lidl laufen. „Lidl-Strom“ wird anders als ALDI Grünstrom, das nur im Einzugsgebiet von ALDI Süd verfügbar ist, bundesweit angeboten. Wie bei ALDI Grünstrom scheinen LIDL und E.ON auf den Online-Vertrieb zu setzen. Die noch etwas spärliche Webseite lidl-strom.de weist Ähnlichkeiten zu aldi-gruenstrom.de auf. Beide Seiten präsentieren Naturlandschaften, bei LIDL sind zusätzlich Windräder zu sehen. Es bleibt kein Zweifel, dass es sich um Ökostromangebote handelt. Beide Produkte sind vom TÜV SÜD zertifiziert.
Angesichts der eingeschränkten Beratungsmöglichkeiten in den Discounter-Filialen verwundert es nicht, dass die Stromprodukte hauptsächlich über die Webseiten der Unternehmen angeboten werden. Laut dem Alexa Pagerank erreicht www.aldi-sued.de täglich 300.000 Besucher, während www.lidl.de sogar 880.000 Besucher verzeichnet. Die eigentlichen Angebote finden sich aber nicht auf den Hauptseiten der Unternehmen, sondern auf den Landing-Pages www.aldi-gruenstrom.de und www.lidl-strom.de. Bei Aldi Grünstrom scheint der Traffic aber überschaubar zu sein, da Alexa aufgrund zu weniger Daten überhaupt keine Ergebnisse liefert.
Welche Rolle kommt den LIDL-Filialen zu?
Die Stärke der Discounter liegt trotz des zunehmenden Online-Lebensmittelhandels nach wie vor in ihrem Filialnetz. Statista zufolge haben im Jahr 2016 über 46 Millionen befragte Personen ab 14 Jahren im vorangegangenen Halbjahr in einer der 1.858 ALDI SÜD-Filialen und über 39 Millionen Personen in einem der 3.190 LIDL-Supermärkten eingekauft. Auch das Stromangebot von Lidl berücksichtigt das Filialnetz. Laut der Pressemitteilung von E.ON erfüllen die Filialen einen gewissen Informationsservice, denn „alle wichtigen Informationen dazu [Lidl-Strom, Anm. d. Red.] erhalten Kunden auch in ihrer Lidl-Filiale vor Ort.“ Dass Filialmitarbeiter auch persönlich beraten, ist aber eher nicht zu erwarten. Letztlich wird es wohl darauf hinauslaufen, dass über Plakate, Flyer und in Broschüren über die Produkte informiert wird. Alles andere muss der Kunde selbst von zu Hause aus machen.
Hält das Produkt das Markenversprechen?
Dass die Discounter mittlerweile nicht mehr den Anspruch haben, die billigsten Anbieter im Markt zu sein, hat man bereits am Aldi Stromangebot gesehen. Das Preisniveau liegt meist günstiger als beim Grundversorger, aber mit den „Energie-Discountern“ kann man nicht mithalten. Vielmehr setzen Aldi und Lidl auf vom TÜV Süd zertifizierten Ökostrom. Lidl Strom bietet zudem eine volle Preisgarantie bis zum 31.01.2019 bei einjähriger Vertragslaufzeit und einen Lidl-Einkaufsgutschein über zehn Euro an. Zudem hat man sich mit E.ON einen etablierten, seriösen Energiepartner gesucht.
Ob der Markenslogan „Lidl lohnt sich“ aber auch für das Stromangebot gilt, wird sich erst zeigen, wenn das Angebot am Montag startet und die Preise sowie alle anderen Konditionen bekannt sind.
Trend zu branchenfremden Playern im Energiemarkt hält an
Insgesamt zeigt der Einstieg von Lidl in den Stromvertrieb, dass der Markt für branchenfremde Player derzeit attraktiv zu sein scheint. Neben dem White Label- oder Partnerschaftsmodell mit einem Energieversorger als Vertragspartner des Kunden setzen andere Unternehmen darauf, selbst als Energieversorger aufzutreten und die Kunden direkt zu versorgen. Der gerade gestartete Energievertrieb der Deutschen Bahn an Privatkunden über www.dbstrom.de ist ein gutes Beispiel für solch ein Konzept. Die Bahn will im Übrigen die Daten ihrer Kunden künftig verstärkt nutzen, um Mehrerlöse zu erzielen. Das Stromangebot ist hier nur ein erster Schritt, dem weitere folgen sollen.
Inwieweit Aldi und Lidl von den Kundendaten profitieren können, bleibt indes unklar. Sicher ist nur, dass die Fokussierung auf den Online-Vertrieb mit Sicherheit dazu beitragen wird, dass die Discounter mehr über ihre Kunden erfahren und diesen dann auch gezielter passende Angebote unterbreiten können. Ein Trend, der auch für Energieversorger von höchster Relevanz ist. Gerne unterstützen wir Sie dabei, mehr und bessere Kundeneinsichten zu erlangen. Kommen Sie dazu einfach auf uns zu.
Mehr zum Bahnstrom und zu den Lidl-Strom-Angeboten erfahren Sie in der Juni-Ausgabe von Energiemarkt Aktuell.