Elektroautos im Sortiment von Energieversorgern - Geschäftsfeld der Zukunft?

Der Trend zur Elektromobilität ist unumkehrbar. Dies ist an den weltweit sprunghaft ansteigenden Verkaufszahlen, die der Automotive-Electrification Index von AlixPartners vierteljährlich auswertet, abzulesen. Während sich die Autohersteller in das Geschäftsfeld der Stromversorgung von E-Autos und damit in den Energiemarkt vorwagen, stellt sich die Frage, ob Energieversorger umgekehrt vom Vertrieb der Fahrzeuge profitieren können. Sechs Energieanbieter sammeln bereits Erfahrungen mit E-Autos im Produktsortiment.

Yello und Sixt

Den Anfang machte dabei im Winter 2017 yello mit einem limitierten Angebot. In Kooperation mit Sixt bot die EnBW-Tochter einen BMW i3 im Leasingmodell an. Ab einer Rate von 249 Euro/Monat konnten Kunden Fahrzeuge mit yello-Branding für mind. zwölf und bis zu 24 Monate leasen. Voraussetzung war ein laufender oder neuer Stromvertrag bei yello. Die Partner boten drei Fahrzeugvarianten mit yello-Branding an. Je auffälliger die Markenvisualisierung, desto günstiger war die Leasingrate. Obendrein bekamen die Kunden eine EnBW-Ladekarte mit einem Guthaben von 100 Euro, was für etwa 2.000 Km ausreichen sollte.

Nach kurzer Zeit war die günstigste Variante mit dem auffälligsten Branding ausverkauft. Die restlichen Fahrzeuge gingen ebenfalls recht zügig weg, sodass sich die Partner anschließend sehr zufrieden zeigten und im Februar 2018 mit einer dreistelligen Zahl an abgesetzten Autos reüssierten.

Fakten:

  • Fahrzeug-Modell: BMW i3
  • Leasingmodell: 12-24 Monate, inkl. 10.000 Km Laufleistung/Jahr, ab 249 Euro/Monat
  • Ladekarte: EnBW (Guthaben: 100 Euro)
  • Integration von Ladeinfrastruktur für Zuhause: Nein
  • Stromvertrag: Voraussetzung, aber keine direkte Verbindung zum Angebot
  • Versorger-Branding: Ja

GASAG und Mercedes-Benz Leasing

Ein auffälliges Branding weisen auch die smart EQ-Modelle auf, die Bestandskunden der GASAG seit etwa einem halben Jahr leasen können. Als Leasingpartner fungiert die Mercedes-Benz Leasing, die den smart EQ fortwo sowie den smart EQ forfour zum gleichen Preis anbietet. Die Höhe der Rate ist abhängig von der in drei Varianten verfügbaren Fahrzeugausstattung. Die Partner kommunizieren vor allem den Preisvorteil, von dem GASAG-Kunden profitieren. Die reguläre Rate für einen smart mit Serienausstattung von 159 Euro reduziert sich für GASAG-Kunden um 30 Euro. Ein obligatorischer, vierjähriger Werbevertrag zwischen Versorger und Kunde bringt letzterem weitere 50 Euro/Monat ein, sodass die günstigste Rate bei attraktiven 79 Euro/Monat beginnt. Die Kunden müssen zwar 2.000 Euro anzahlen, bekommen diese aber im Rahmen des Herstelleranteils am staatlichen Umweltbonus zurückerstattet. Zwar hat die GASAG auch Ladelösungen von ubitricity und somit auch einen Autostromtarif im Sortiment, diese aber nicht direkt mit dem Auto-Angebot verknüpft. Die Aktion wurde mehrmals verlängert und läuft aktuell noch bis 30.06.2018. Am 05.06.2018 waren noch zehn Fahrzeuge des limitierten Kontingents verfügbar.

Fakten:

  • Fahrzeug-Modell: smart EQ fortwo oder forfour
  • Leasingmodell: 48 Monate, inkl. 40.000 Km Laufleistung, ab 79 Euro/Monat
  • Ladekarte: Nein
  • Integration von Ladeinfrastruktur für Zuhause: Nein
  • Stromvertrag: Voraussetzung, aber keine direkte Verbindung zum Angebot
  • Versorger-Branding: Ja

Die GASAG-Beteiligung "Stadtwerke Forst" hat das Angebot übernommen, allerdings auf zehn Fahrzeuge beschränkt.

Stadtwerke Bielefeld und Beresa OWL

Die Stadtwerke Bielefeld testen ebenfalls die Vermarktung des smart EQ und kooperieren dazu mit dem örtlichen Autohaus Beresa OWL. Die Aktion ist bereits beendet und war auf 50 Fahrzeuge beschränkt. Für Stromkunden der Stadtwerke Bielefeld gab es das Fahrzeug für eine monatliche Leasingrate ab 129 Euro. Kunden in den Tarifen „EnerBest Strom Blue“ oder „EnerBest Strom Green“ erhielten eine Gutschrift über 1.000 kWh auf die nächsten drei Jahresrechnungen. Der Versorger rechnet vor, dass dieses Volumen für eine Strecke von etwa 7.000 Kilometern mit dem elektrischen Smart ausreiche. Zusätzlich erhalten Leasing-Kunden bei der Mobilitätstochter der Stadtwerke einen Rabatt auf bestimmte ÖPNV-Abonnements.

Fakten:

  • Fahrzeug-Modell: smart EQ fortwo
  • Leasingmodell: 36 Monate, inkl. 30.000 Km Laufleistung, ab 129 Euro/Monat
  • Ladekarte: Nein
  • Integration von Ladeinfrastruktur für Zuhause: Nein
  • Stromvertrag: Voraussetzung, aber keine direkte Verbindung zum Angebot (Gutschrift 1.000 kWh)
  • Versorger-Branding: Ja

Thüringer Energie und Partner

Im Vergleich zu den ersten beiden Beispielen offeriert die Thüringer Energie AG (TEAG) im Rahmen ihres „TEAG-E-Car AutoPakets“ neben dem smart EQ fortwo (auch als Cabrio) und forfour auch den Renault Zoe, den Hyundai Ioniq, den VW e-Golf und den BMW i3. Das 36-monatige Leasingangebot wird von vier Autohäusern umgesetzt. Im Paket enthalten sind darüber hinaus ein Autostromtarif, eine Ladesäule für Zuhause und eine Ladekarte. Die monatliche Rate inkludiert die Leasingkosten, die jährliche Laufleistung, die Kosten für den Autostrom entsprechend der gewählten Laufleistung und für die Wallbox. Für einen smart EQ fortwo werden bspw. bei 7.500 Km Laufleistung 169 Euro/Monat fällig. Das teuerste Angebot ist der BMW i3 mit 15.000 km/Jahr für 509 Euro/Monat. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist ein bestehender oder neuer Stromvertrag bei der TEAG. Die Vorstellung eines der ersten Kunden zeigt, dass die Autos nicht gebrandet sind.

Fakten:

  • Fahrzeug-Modell: smart EQ fortwo (auch als Cabrio erhältlich), smart EQ forfour, Renault Zoe, Hyundai Ioniq, VW e-Golf und BMW i3
  • Leasingmodell: 36 Monate, ab 169 Euro/Monat (abh. von der Laufleistung)
  • Ladekarte: Ja
  • Integration von Ladeinfrastruktur für Zuhause: Ja
  • Stromvertrag: Ja (Kosten für gebuchte Laufleistung inklusive)
  • Versorger-Branding: Nein

Energie Calw und Autohaus Lohre

Die Energie Calw (ENCW) hat ein ähnliches Paket geschnürt. Neben einem smart EQ forfour, Renault Zoe oder VW e-Golf erhalten die Kunden eine Wallbox und einen Autostromvertrag der ENCW-Marke „schwarzwald energie“. Die Autostromkosten sind allerdings nicht in der monatlichen Leasingrate enthalten. Dafür erhält der Kunde eine Gutschrift über 20 Euro/Jahr. Zudem lädt der Kunde an den 38 öffentlichen Ladesäulen der ENCW sein Auto kostenlos. Mit einer Leasingrate ab 369 Euro/Monat bei einer Laufleistung von 10.000 km inkl. der Kosten für die Wallbox ist das Angebot im Vergleich recht teuer.

Fakten:

  • Fahrzeug-Modell: smart EQ forfour, Renault Zoe, VW e-Golf
  • Leasingmodell: 48 Monate, inkl. 10.000 Km/Jahr Laufleistung, ab 369 Euro/Monat
  • Ladekarte: Ja (kostenloses Laden an ENCW-Ladepunkten)
  • Integration von Ladeinfrastruktur für Zuhause: Ja
  • Stromvertrag: Ja (Gutschrift 20 Euro/Jahr)
  • Versorger-Branding: Nein

Geplante Angebote: MVV Energie und Stadtwerk am See

Kürzlich hat auch die MVV Energie mit einem geplanten Komplettangebot auf sich aufmerksam gemacht. Im Rahmen einer temporären Aktion konnten bis zu 20 Interessenten ein Komplettpaket bestehend aus PV-Anlagen, Ladestation und des Elektroautos „e.go“ für insgesamt 25.000 Euro (brutto) von der MVV Energie erwerben. Der e.go soll im Juli ausgeliefert werden. Ein ähnliches Angebot darf vom Stadtwerk am See erwartet werden. Mehrfach hat der Versorger Bestrebungen zur Vermarktung von E-Autos kundgetan. Man befinde sich in Gesprächen mit einem Hersteller, der nicht zu den etablierten Autokonzernen gehört. Geplant sei der Verkauf von E-Kleinstfahrzeugen auf vier und auch zwei Rädern, die mit Ladeinfrastruktur und PV-Anlage Die Konditionen sind noch nicht absehbar.

Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass die Versorger im Rahmen ihrer bisher sicherlich als Testangebote zu bezeichnenden Vermarktungsaktivitäten von E-Autos größtenteils auf etablierte Marken setzen, die den Vertrieb erleichtern. Partner sind dabei die Leasinggesellschaften der Hersteller oder Autohäuser, die die Versorger als Vertriebskanal nutzen.

Die Angebote von yello und der GASAG unterscheiden sich aber deutlich vom Rest. Die beiden Versorger nutzen die E-Autos vornehmlich als fahrende Werbeplakate, um die Sichtbarkeit zu erhöhen und die Positionierung in neuen Geschäftsfeldern zu verdeutlichen. Der Kunde erhält jeweils nur das Auto. Dienstleistungen oder Autostrom sind optional verfügbar, aber nicht in das Angebot integriert. Allerdings kommen die Kunden durch ihre Aktivität als Werbebotschafter in den Genuss sehr niedriger Leasingraten.

Der Verzicht auf das Branding und die Integration weiterer Produkte und Dienstleistungen zu umfassenden Paketen sind dagegen den Angeboten der kommunalen Versorger gemein. Die TEAG sticht dabei mit einer großen Auswahl an Fahrzeugen und wettbewerbsfähigen Preisen heraus. Mit der monatlichen Leasingrate sind sogar die Ladekosten abgedeckt. Die ENCW hebt sich durch die vergleichsweise hohen Preise ab, bietet aber kostenloses Laden an eigenen öffentlichen Ladepunkten. Direkt vergleichbar sind die Angebote aufgrund unterschiedlicher Angebotsdetails (Wartung, Garantien, etc.) nicht. Das Konzept „Alles-aus-einer-Hand“ hilft jedoch, den eigenen Dienstleistungsvertrieb anzukurbeln und sich als Anbieter zukunftsträchtiger Energielösungen zu positionieren.

Die Vertriebskooperationen mit den Herstellern oder Autohäusern ermöglicht es den Versorgern, attraktive Angebote zu unterbreiten. Letztlich binden sie, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Produkte, die elektromobilitätsaffinen Stromkunden über die Leasingdauer an das Unternehmen. Geht man davon aus, dass es zukünftig auch Angebote von Autoherstellern inkl. Autostrom geben könnte und der branchenfremde Wettbewerb dadurch intensiver wird, können Versorger mit frühzeitig aufgelegten E-Auto-Angeboten ihre Positionierung im Elektromobilitätsumfeld langfristig sichern. Darüber hinaus erhöht sich das Cross- und Upselling-Potenzial, bspw. in den Bereichen PV, Speicher und Energiemanagement.

Im Rahmen der Gestaltung entsprechender Produkte oder Produktpakete treten zahlreiche Fragen auf. Wer ist ein geeigneter Partner? Welche Leistungen will und kann man selbst erbringen? Wie gehe ich mit dem neuen Angebot auf die Kunden zu? Als Experten für Produktgestaltung und Cross- und Upselling diskutieren wir gerne unverbindlich mit Ihnen über Konzepte zum Vertrieb innovativer Produkte und Energiedienstleistungen.

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