Die Macht der Marke im Vertrieb und das Risiko, Markenversprechen nicht einzuhalten
Die Vertriebskanalstudie Energie 2018 hat gezeigt, dass sich fast die Hälfte aller Wechsler des Strom- oder Gasanbieters für die Angebote der Big 4 und deren Töchter entscheidet. Dieser große Anteil kommt sicherlich auch wegen der günstigen Konditionen der Unternehmen zustande, die auf Vergleichsportalen preislich teilweise ähnlich positioniert sind, wie Discounter und im Direktvertrieb mit hohen Provisionen und ebenso attraktiven Angeboten punkten.
Ein Blick auf den Wettbewerbs-Performance-Index 2017, den Kreutzer Consulting und Verivox im Energiemarktreport 2018 veröffentlicht haben, verdeutlicht aber, dass die Discounter auf Verivox häufiger die ersten Plätze in Tarifrechnern besetzen und zudem auch insgesamt in den TOP 15 stärker vertreten sind. Dies lässt darauf schließen, dass Faktoren wie Markenbekanntheit und Markenstärke neben günstigen Preisen im Wettbewerb eine entscheidende Rolle spielen.
Die Marke vermittelt Vertrauen und bietet Orientierung
Eine bekannte und starke Marke erleichtert dem Kunden die Entscheidung für einen neuen Anbieter. Dies gilt auf Vergleichsportalen, wo aufgrund der großen Anbieterauswahl tendenziell Unsicherheit herrscht, genauso wie im Direktvertrieb, wo der im Zweifel fremde Vertreter dem potenziellen Kunden das notwendige Vertrauen über die bekannte Anbietermarke vermitteln kann.
Dass die erst kurz im Markt aktiven Marken „Telekom Strom“ oder „Aldi Grünstrom“ von den im Rahmen der aktuellen Vertriebskanalstudie befragten Kunden genannt werden, zeugt ebenfalls von der Markenwirkung und -reichweite. Wenig Wert auf die eigene Marke zu legen, ist also im bundesweiten Vertrieb über die wesentlichen vermittelnden Kanäle ein Nachteil.
Stadtwerke können fehlende überregionale Bekanntheit in solchen Kanälen zum Teil damit kompensieren, dass der Begriff „Stadtwerk“ per se mit Attributen wie Seriosität und Verlässlichkeit verknüpft wird. Sie werden allerdings auch eher als regionale Player mit begrenzter Reichweite gesehen, was mit zunehmender Entfernung zum Kundenstandort auch zum Nachteil gereichen kann.
Marken müssen sich mit dem Unternehmen weiterentwickeln
Der Wert der eigenen Marke hängt davon ab, wie gut die Markenidentität, die man sich als Unternehmen selbst gibt, mit dem tatsächlichen Markenimage und dem Markenbild, das der Kunde hat, harmonieren. Insbesondere jetzt, wo viele Versorger versuchen ihre Markenidentität zu erweitern, um neue Produkte und Dienstleistungen anzubieten und den reinen Commodity-Vertrieb hinter sich zu lassen, können Reibungsverluste auftreten. Denn wer sich als innovativer Dienstleister präsentiert, sollte sein Markenversprechen auch einhalten können.
Die großen Vier unternehmen derzeit viel, um ein innovatives und gleichzeitig nachhaltiges Image aufzubauen. Mit der komplett neuen Marke innogy ist es RWE innerhalb kurzer Zeit gelungen, sich am Markt zu etablieren und einen Markenwert von mehr als 1,2 Mrd. Euro zu erzielen. E.ON zeichnete sich zuletzt durch aufwändige Kampagnen aus, die vor allem die Aktivitäten des Konzerns in der neuen Energiewelt bewarben. Im YouGov BrandIndex, der den Grad der positiven Wahrnehmung misst, ist E.ON branchenübergreifend unter den TOP 10-Improvern des Jahres 2017. Auch Vattenfall ist hier mit seinem neuen Markenauftritt zu finden, der den Abschied von der fossilen Energieerzeugung symbolisieren soll. EnBW stellte sich im letzten Jahr als „Macher“ dar und wirb aktuell damit, dass „Energie persönlich“ wird. Gleichzeitig erweitern die vier Konzerne kontinuierlich ihr Portfolio an Produkten aus neuen Geschäftsfelder und treiben die Digitalisierung von Vertriebs- und Serviceprozessen voran.
Auch Stadtwerke müssen sich in Zukunft nicht nur im neuen Look & Feel präsentieren, sondern ihre neuen Markenversprechen auch einhalten. Als regionale Platzhirsche sind sie in einer guten Position, ihre Kernkompetenzen wie Kundennähe und persönlichen Service auszuspielen, auch in neuen Geschäftsfeldern. In dem Prozess des Wandels sind aber zwei Dinge zu berücksichtigen: erstens müssen die Mitarbeiter den Wandel aktiv mitgestalten und bereit sein, sich den neuen Anforderungen im Vertrieb und im Service auch aktiv zu stellen. Zweitens muss der Wandel für Bestandskunden nachvollziehbar sein. Dazu gehören unter anderem die aktive Kommunikation des Veränderungsprozesses sowie die Berücksichtigung der Interessen von langjährigen Kunden, die an Veränderung unter Umständen gar nicht interessiert sind. Diesen müssen die Vorteile neuer Angebote, neuer Serviceleistungen oder auch eingeschränkte Öffnungszeiten des Kundencenters vermittelt werden.
Erneuerungsprozess mit Weitsicht
Bevor konkrete Maßnahmen hinsichtlich Marke und Unternehmensentwicklung getroffen werden, müssen die Alternativen objektiv bewertet werden. Letztlich funktioniert nicht alles, was neu oder innovativ ist, in jeder Region und bei allen Kunden gleich gut.
Wie Kunden wechseln und zum Wechsel bewegt werden können und für welche neuen Dienstleistungen und Services sie empfänglich sind, zeigt die Vertriebskanalstudie Energie 2018, die eine hervorragende Grundlage zur Einschätzung der Marktsituation bei Bestandskunden und Wechslern, sowohl bei Strom und Gas, als auch im Hinblick auf neue Dienstleistungen, darstellt. Bei allen sich daraus ergebenden, weiterführenden Fragen, unterstützen wir Sie gerne auf Grundlage unserer langjährigen Branchenerfahrung.
Mehr Informationen zur Studie gibt es hier. Bei Fragen zur Studie steht Ihnen unsere Projekt-Verantwortliche Madeline Hecht zur Verfügung. Presseanfragen können Sie an Severin Zeilbeck richten.