Die Lösung der „Lose-Lose-Situation“ – Ein Interview mit den e.less-Gründern Tobias Hübner und Alexander Schießl
e.less – ein Angebotsportal exklusiv für den Gewerbekundenmarkt mit dem Ziel, Gewerbetreibende und Energieversorger näher zusammenzubringen. Kreutzer Consulting hatte die Möglichkeit mit den beiden Gründern, Herrn Tobias Hübner und Herrn Alexander Schießl zu sprechen. Lesen Sie, wie Herr Hübner und Herr Schießl einen neuen Blickwinkel auf den Energievertrieb bei Gewerbekunden einnehmen. |
Kreutzer Consulting: Was hat Sie dazu bewogen ein Angebotsportal einzurichten? Gab es dazu einen bestimmten Auslöser?
Schießl: Ich denke, es war ganz einfach die Marktsituation. In unserer Zeit in der Branche haben wir begriffen, wie dringlich die Lage auf beiden Seiten ist. Die lukrativen Margen der Energieversorger in der Vergangenheit sind heute nur noch zu erträumen. Gerade bei RLM-Kunden kann man heute im Gewerbestromvertrieb nur noch Margen realisieren, die vielleicht gerade die Kosten decken. Teilweise geht nicht mal mehr das. Die Energieversorgungsbranche sieht sich da finanziell einer ganz erheblichen Problematik auseinandergesetzt und hatte bisher nur wenig Möglichkeit, darauf zu reagieren. Es gibt aber auch die Perspektive der Gewerbekunden. Als Privatperson kommt einem zuallererst einmal das Internet in den Sinn. Man recherchiert online einige Preise und trifft dementsprechend Entscheidungen. Diese Möglichkeiten gab es für Gewerbekunden bisher nicht. Die Strombeschaffungswege für Gewerbekunden sind zumeist unkomfortabel und teilweise sogar intransparent. Beispielsweise haben sie in Eigenarbeit mehrere Energieversorger kontaktiert. Nach ein paar Stunden oder Tagen haben sie die verschiedensten Angebote zurückerhalten, die dann natürlich auch noch miteinander verglichen werden mussten. Das bedeutet alles in allem einen hohen Zeitaufwand. Wir sehen es einfach nicht mehr als zeitgemäß an: Es ist nicht effizient, es ist nicht komfortabel. Es ist sozusagen eine lose-lose-Situation sowohl für Gewerbekunden als auch für Energieversorger. Aufgrund unserer unternehmerischen Art zu denken haben wir also die Entscheidung getroffen, da zu intervenieren und eine Lösung zu schaffen, die für alle Seiten zum Vorteil ist.
Kreutzer Consulting: Anders als der Privatkundenmarkt ist der Gewerbekundenmarkt vom persönlichen Kontakt dominiert. Warum ist das Ihrer Ansicht nach der Fall?
Schießl: Einfach aus dem Grund, dass Gewerbekunden sehr individuelle Anforderungen haben, die bisher am Markt auch von Seiten der Vermittler vernachlässigt wurden: Ein unterschiedliches Abnahmeprofil, der persönliche Kontakt zum Energieversorger, die Herkunft der Energie oder ganz einfach gewisse Vertragsmodalitäten. Bisher ging es da vor allem um das Thema Preis. Die Prioritäten schwanken aber selbstverständlich von Kunde zu Kunde. Dementsprechend haben bei uns die Gewerbekunden die Möglichkeit, den Energieversorger direkt zu kontaktieren und sich da auch nochmal von uns unabhängig zum jeweiligen Angebot beraten zu lassen.
Kreutzer Consulting: Der Markt entwickelt sich also teilweise vom persönlichen Kontakt weg?
Schießl: Es wird sich ändern. Zeit wird immer ein größeres Kriterium in jeder Hinsicht. Die Kundenzentrierung nimmt immer weiter zu. Auf der anderen Seite wird es immer den einen Handwerker geben, der sich nur vom ansässigen Energieversorger beliefern lässt, weil er ihn seit Jahrzehnten kennt. Zwar wird sich bei diesem Handwerker nicht viel ändern, aber bei vielen anderen. Die Kundenbedürfnisse werden sich immer weiter auffächern und darauf muss man reagieren.
Kreutzer Consulting: Für welche Gewerbekundengrößen und Branchen eignet sich Ihr Portal besonders gut?
Schießl: Wir sagen immer für alle Gewerbekunden bis 5 GWh Jahresverbrauch. Darüber fangen die Gewerbekunden der energieintensiven Industrie an. Diese werden in Zukunft eher weniger unseren Kunden, weil diese mit zunehmender Größe über eigene Energiemanagementsysteme verfügen, eigene Energiemanager anstellen und dann über persönlichen Zugang oder direkten Kontakt ihre Energiebeschaffung durchführen.
Kreutzer Consulting: Und bei den Branchen sind Sie auch ganz offen?
Schießl: Ja selbstverständlich. Jede Branche hat andere Anforderungsprofile und andere Verbrauchsstrukturen. Die müssen wir in der Angebotserstellung eigens berücksichtigen. Wir können aber alle Branchen online bedienen.
Kreutzer Consulting: Sie planen momentan ja vor allem mit Einnahmen aus Provisionen. Werden Sie in Zukunft auch kostenpflichtige Services Marketingmaßnahmen für einzelne Versorger anbieten?
Schießl: Nein. Wir wollen ja auf dieser Ebene vollkommen objektiv sein. Wir wollen ja einen möglichst objektiven Strombeschaffungsprozess für die Kunden gewährleisten. Weiterführende Services haben wir aktuell nicht geplant. Es soll ja zu Beginn tatsächlich erstmal um Strom gehen und Anfang kommenden Jahres dann auch um Gas. Im weiteren Verlauf werden wir auch weitere Produkte hinzufügen, die vor allem aber den Gewerbekunden betreffen. Das werden Themen wie Ladestationen, Smart-Meter und langfristig auch Energieberatung sein.
Kreutzer Consulting: Was sind Ihre Vertriebskanäle, um Gewerbekunden auf e.less aufmerksam zu machen?
Hübner: Wir arbeiten mit der größten SEO & Performance -Agentur [Suchmaschinenoptimierung, Markteinführung im Internet. Wir werden in Kürze Bannerwerbung, aber auch Werbung in der Google-Suche schalten. Gleichzeitig kümmert sich Explido um die Suchmaschinenoptimierung, damit wir auch unbezahlt bei Google gut gerankt werden. Unabhängig davon planen wir Werbevideos, die wir dann in den sozialen Netzwerken wie Xing oder LinkedIn verbreiten. Da schätzen wir ein, dass wir die Kunden auch erreichen werden, da eben die größeren Kunden mit einem jährlichen Verbrauch zwischen 200.000 kWh und 600.000 kWh LinkedIn benutzen. Und über unsere Facebookseite erreichen wir dann auch die kleineren Kunden wie eine Pizzeria, ein Restaurant oder einen Handwerksbetrieb.
Kreutzer Consulting: Jetzt habe ich gesehen, dass Sie zunächst 40 Energieversorger in Ihr Portfolio aufnehmen wollen. Warum nicht die breite Masse?
Schießl: Das ist vielleicht ein bisschen falsch kommuniziert. Wir stehen aktuell mit 40 Energieversorgern in Kontakt. Das wird natürlich im Laufe der Zeit ausgebaut. Das liegt vor allem daran, dass wir vor acht Wochen mit der Energieversorgerakquisition begonnen haben. Es nimmt einfach viel Zeit in Anspruch, bis man da einen Kontakt aufgebaut hat und dann kommt auch noch die Urlaubssaison mit rein. Es dauert vor allem bei den größeren Konzernen und den Konzerntöchtern, bis entsprechende Vereinbarungen von allen erforderlichen Stellen geprüft wurden. Wir gehen im Laufe des Monats November mit einer Hand voll Energieversorger auf den Markt und bauen das Angebot im Laufe der Zeit weiter aus.
Kreutzer Consulting: Gibt es außer der von Ihnen genannten Größe Mindestqualitätsstandards, die Sie bei der Auswahl der Energieversorger berücksichtigen?
Schießl: Der Kunde muss immer auswählen, von welchen Versorgern er Angebote haben möchte. Vielleicht sind gewisse Angebote bereits veraltet. Vielleicht sollen die Unternehmen einen gewissen Umsatz aufweisen, Töchter von großen Konzernen oder möglicherweise auch konzernunabhängig sein. Das sind alles Kriterien, die wir dem Kunden zur Verfügung stellen, um dadurch zu filtern. Grundsätzlich dürfen Energieversorger auf dem Marktplatz ihre Angebote einstellen, wenn sie das Interesse haben. Wir behalten uns aber das Recht vor Anbieter vom Marktplatz auszuschließen. Vor allem in den Fällen, wenn die Abwicklung uns oder dem Kunden gegenüber nicht funktioniert, oder die Energieversorger ganz aggressiv mit Dumpingangeboten versuchen andere Energieversorger auf nicht-legale Weise vom Markt zu drängen.
Kreutzer Consulting: Ein paar allgemeine Fragen habe ich noch. Was sind Ihre kurzfristigen Meilensteine, die Sie erreichen möchten?
Schießl: Jetzt natürlich erstmal die Markteinführung von Strom, Anfang nächsten Jahres die Markteinführung von Gas und dann möglichst bald weitere Produkte wie Ladestationen, Smart-Meter und wir werden dann immer weiter in das Thema Digitalisierung einsteigen. Wir möchten Kunden langfristig die Möglichkeit geben, ihre Verbrauchs- oder Zählerstände an unseren Online-Marktplatz zu koppeln, online in Echtzeit Daten zu sammeln, auszuwerten und somit Rückschlüsse auf den eigenen Verbrauch ziehen zu können. Aber zunächst soll es erstmal um die Strombeschaffung, im nächsten Schritt um die Gasbeschaffung und erst dann um die weiteren Produkte gehen.
Kreutzer Consulting: Ab welchem Zeitpunkt möchten Sie in etwa profitabel sein?
Schießl: Wir rechnen für das Jahr 2019 mit Profitabilität.
Kreutzer Consulting: Und welche Mitarbeiterzahl streben Sie mittelfristig an?
Schießl: Aktuell sind wir 7 Mitarbeiter. Wir rechnen damit, dass dies sich relativ schnell ausbaut – je nachdem, in welche Richtung sich das jetzt bewegt. Mittelfristig rechnen wir aber mit 20, 25 oder vielleicht auch 30 Mitarbeitern in den nächsten zwei Jahren. Im Anschluss kann es auch sein, dass wir uns in Richtung 50 bis 60 orientieren. Das ist beim aktuellen Status natürlich schwer abzuschätzen, wie viel Arbeit in Zukunft anfällt.
Kreutzer Consulting: Also Sie versuchen, das Geschäft so groß zu entwickeln, wie es der Markt zulässt?
Hübner: Definitiv
Zu den Personen:
Tobias Hübner studierte zunächst Informatik und arbeitete bei einem lokalen Energieversorger in der IT- & Softwareentwicklung. Er verfügt über drei Jahre Erfahrung in der Energieversorgungsbranche und ist für die technischen Belange bei e.less verantwortlich. | |
Alexander Schießl arbeitete neben seinem Studium des International Business als Werkstudent ebenfalls bei einem lokalen Energieversorger. Mit fünf Jahren Berufserfahrung in der Energieversorgungsbranche verantwortet er die kaufmännische Angelegenheiten bei e.less. |
Das Gespräch führte Paul Sabel.
Wie e.less funktioniert:
Auf dem Online-Marktplatz von e.less laden Kunden zunächst ihren Lastgang hoch und geben ihre Postleitzahl ein. Im nächsten Schritt können sie individuelle Wünsche mitteilen, beispielsweise ob sie einen persönlichen Ansprechpartner benötigen oder ob sie ihren Strom nur aus erneuerbaren Energien beziehen wollen. e.less liest aus dem Lastgang automatisch das Verbrauchsprofil des Kunden aus. Danach richtet sich, wann sie den meisten Strom verbrauchen, was sich auf den Preis auswirkt. So ist spät abends und nachts Strom oft günstiger.
Energieversorgern bietet e.less einen neuen digitalen Vertriebskanal, über den sie RLM-Kunden einfach erreichen. Mittels Software und Algorithmen von e.less können sie sofort ein passendes, automatisiertes Angebot unterbreiten. Dies hilft ihnen, im margenschwachen RLM-Markt schnell und einfach auf digitalem Weg neue Kunden anzusprechen.