Case Study „Wedelecs“

Im März 2011 haben die Stadtwerke Wedel den Zuschlag der Stadt Wedel erhalten, einen Verleih für Elektrofahrräder aufzubauen und bis 2017 zu betreiben. Die Stadtwerke überzeugten u.a. aus Kostengründen, da das konkurrierende Angebot der DB Rent GmbH Fixkosten in Höhe von 50.000 Euro jährlich für die Stadt und eine 50-prozentige Beteiligung an den Einnahmen vorsah. Die Stadtwerke Wedel hatten hingegen nur 30.000 Euro Fixkosten veranschlagt.

Das Projekt „Wedelecs“, wie die Pedelecs in Wedel genannt werden, hatte anfangs mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Unter anderem blieben die Nutzerzahlen anfangs hinter den Erwartungen zurück und die Technik zur automatischen Ausleihe funktionierte nicht, was zu erheblichen Mehrkosten durch den nicht geplanten Einsatz von Verleihpersonal geführt hat.

Das automatische Verleihsystem funktioniert jedoch inzwischen. Zudem wurde der Fuhrpark erweitert und ein Verleihnetzwerk eingerichtet, was letztlich auch zu zunehmenden Verleihvorgängen führte.

Entwicklung der "Wedelecs"
Jahr Verleihzahlen Defizit
2012 ca. 500 76.000 Euro
2013 ca. 900 76.000 Euro
2014 > 1.000 66.000 Euro
2015 > 1.300 erwartet 66.000 Euro


Der Geschäftsführer der Stadtwerke, Adam Krüppel, hat sich im Oktober 2014 im Interview mit dem Hamburger Abendblatt dennoch zufrieden mit der Entwicklung des Wedelecs-Programms gezeigt. Die Defizite seien eine unternehmerische Entscheidung, die durch den Marketing- und Werbeeffekt gerechtfertigt würden. Befragungen sollen ergeben haben, dass Kunden das Engagement der Stadtwerke in der Elektromobilität schätzen und als Grund für den Abschluss eines Strom- oder Gasvertrags bei den Stadtwerken ansehen.Dennoch ist der Betrieb defizitär; aktuell wird mit Verlusten in Höhe von jeweils 66.000 Euro für die Jahre 2014 und 2015 gerechnet. Zum Beginn des Programms wurde mit Kostendeckung gerechnet, wobei dieser Annahme u.a. die Zuteilung einer Förderung zugrunde gelegt wurde, die nur zu einem Drittel der eingeplanten Summe bewilligt wurde.

Dem positiven Marketing hat allerdings eine Veröffentlichung des Wedelecs-Programms im „Schwarzbuch“ des Bunds der Steuerzahler mit Sicherheit entgegengewirkt, der die Defizite als Steuergeldverschwendung kritisiert hat. Trotz der Kritik investieren die Stadtwerke weiter in das Programm. Für das Jahr 2015 sind die Anschaffung von familienfreundlichen Lastenrädern, die Entwicklung einer Buchungs-App und die Expansion des Verleihnetzwerks nach Hamburg vorgesehen. Letzteres erfolgt in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, die im Gegensatz zu den in Eigenregie betriebenen Verleihstationen keine Personalkosten verursachen, die den Betrieb noch immer erheblich belasten. Laut Herrn Krüppel würde sich das aktuelle Defizit um zwei Drittel reduzieren (eine Ersparnis in Höhe von 44.000 Euro), wenn der Verleih am Bahnhof auf ein automatisiertes System umgestellt würde.

Fazit aus dem Praxisbeispiel „Wedelecs“: Aus Erfahrung wird man klug

Der Verlauf des Wedelecs-Programms zeigt anschaulich, welche Probleme es bei der Erschließung eines neuen Geschäftsfelds geben kann. Sowohl die technischen Probleme als auch das Ausbleiben von Fördergeldern in der erwarteten Höhe wurden so nicht vorausgesehen. Zudem waren die Erwartungen an die Entwicklung der Nachfrage nach den Wedelecs viel zu hoch, ein Problem das beim Eintritt in neue Geschäftsfelder häufig besteht.

Trotz der Rückschläge hält man in Wedel an dem Projekt fest und investiert sogar weiter, da man eine positive Entwicklung verzeichnet und noch größeres Potenzial sieht.

Die Entscheidung zur Weiterführung eines Projekts, das sich weniger gut entwickelt als erwartet, ist sicherlich genauso schwer wie die Beendigung der Aktivitäten. In beiden Fällen ist Mut gefragt, die Situation und die weiteren Aussichten objektiv zu bewerten und sich ggf. auch Fehler einzugestehen.

Gerade angesichts der Vielfalt an neuen Geschäftsfeldern, die Energieversorger erobern könnten, sind solche Entscheidungen extrem wichtig, um die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen und das Risiko zu minimieren, auch wenn es schwer fällt.

Daher ist es notwendig, den Fortschritt bei solchen Projekten regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen, Marktentwicklungen zu antizipieren und Prognosen zu aktualisieren, damit Entscheidungen auf Basis aktueller und validierter Informationen getroffen werden können.

KREUTZER Consulting kann Sie beim Markteintritt in neue Geschäftsfelder begleiten und die für solche wichtigen Entscheidungen notwendigen Analysen und Prognosen durchführen. Darüber hinaus unterstützen wir Sie bei der Auswahl der am meisten Erfolg versprechenden Betätigungsfelder und der Entwicklung des für Ihr Unternehmen passenden Geschäftsmodells. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, um Ihre spezifischen Anforderungen unverbindlich zu diskutieren.

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